BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Die Brühler Grünen

Rede der Fraktionsvorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen, Simone Holderried, zur Beschlussfassung des Haushaltes 2024

gehalten in der Sitzung des Rats der Stadt Brühl am 11. Dezember 2023

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Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren aus Rat und Verwaltung,
sehr geehrte Zuhörende hier im Saal und im Audiostream,

am Ende dieses auch kommunalpolitisch turbulenten Jahres treibt mich sehr die Frage um, wie wir eine konstruktive Diskussionskultur in unserer Gesellschaft erhalten können. Denn unsere Demokratie ist darauf angewiesen, dass wir respektvoll miteinander umgehen. Demokratie benötigt selbstverständlich Standpunkte und auch Zuspitzungen. Unerlässlich sind dennoch auch die Zwischentöne. Demokratie ist angewiesen auf einen Diskurs, verlangt Zuhören, Abwägen, neugierig sein, Interesse an den Gedanken der anderen, des Gegenübers. Demokratie erfordert die Bereitschaft, Kompromisse zu finden, die Meinung des Gegenübers zu respektieren und die eigene Meinung auch hinterfragen zu lassen. Leider ist an vielen Stellen – auch bei uns in Brühl – das Gegenteil zu beobachten: Standpunkte werden plakativ und undifferenziert vertreten und populistisch emotionalisiert, in den sogenannten »sozialen« Medien wird hämisch über Menschen mit anderer Meinung hergezogen und Entscheidungen einer gewählten Mehrheit werden als »Politik nach Gutsherrenart« bezeichnet. Demokratieförderlich ist das alles nicht. Wir benötigen Formate, an denen sich viele beteiligen können. Wir benötigen Gesprächsorte, an denen miteinander geredet wird, einander zugehört und nachgefragt wird. Zum Thema Mobilitätswende wurde vor etwa einem Jahr ein Workshop mit zufällig ausgewählten Bürgerinnen und Bürgern erfolgreich durchgeführt. Solche Bürger:innenbeteiligungsveranstaltungen wären auch zu anderen Themen, beispielsweise der Weiterentwicklung der Brühler Innenstadt, sicherlich hilfreich.

Meine Sorge um unsere Demokratie wird auch durch den Rechtsdrall gespeist, den wir bei den Landtagswahlen im vergangenen Jahr erleben mussten. Populistisches Schwarz-Weiß-Denken und Fremdenfeindlichkeit nehmen erschreckend zu. Die Sehnsucht vieler Menschen nach einfachen Lösungen inmitten all der unüberschaubaren Krisen wird schamlos vom rechtspopulistischen und rechtsextremen Rand ausgenutzt. Und seit dem barbarischen Angriff der Hamas in Israel zeigt sich hierzulande ein Antisemitismus, dessen Ausmaß mich schockiert. Es ist für mich völlig unverständlich, wie die Bundesregierung in ihren aktuellen Haushaltsberatungen ernsthaft in Erwägung ziehen kann, Programme, die das zivilgesellschaftliche Engagement fördern, Programme zur politischen Bildung und Gelder für Freiwilligendienste massiv zu kürzen. Auch in Brühl findet man rechtsextreme Aufkleber an Laternenpfählen, die Wegweiser der Seebrücke wurden mehrfach beschädigt und Stolpersteine in der Innenstadt werden immer wieder beschmiert. Die vielen hundert Teilnehmenden am diesjährigen Schweigegang, die vielen ehrenamtlich Engagierten in der Flüchtlingshilfe und anderen sozialen Feldern sind gleichzeitig ein ermutigendes Gegengewicht zu all diesen Vorkommnissen. Auf drei kommunalpolitisch besonders kontrovers diskutierte Themen des vergangenen Jahres möchte ich eingehen, bevor ich den Blick nach vorne richte.

Die Planungen für den Neubau der Feuerwache schreiten voran. In der Ratssitzung am 4. 9. haben wir mit den Stimmen der Mehrheitskoalition die Freigabe der Leistungsphase drei beschlossen. Dass sich die CDU-Fraktion, die sich hier im Rat immer so gerne als die »Feuerwehrversteher-Fraktion« gibt, bei der Abstimmung enthalten hat, möchte ich hier nicht unerwähnt lassen. Nur weil die Fassade unter ökologischen und klimatechnischen Gesichtspunkten dem aktuellen Stand der Technik entspricht, haben Sie sich der Zustimmung verweigert. Das ist schon ein Armutszeugnis! Dieser Abstimmung sind lange Beratungen in politischen Workshops, Gespräche mit der Feuerwehr und – zumindest in unserer Fraktion – intensive Auseinandersetzungen innerhalb der Fraktion vorausgegangen. Denn das Finanzvolumen, das inzwischen für den Neubau veranschlagt ist, geht deutlich über das hinaus, was wir uns haben vorstellen wollen. Da nicht wirklich günstigere Alternativen realisierbar sind, gehen wir mehrheitlich mit den Planungen mit. Es ist aus unserer Sicht das Mindeste, bei einem Bau, in dem für die nächsten Jahrzehnte die städtische Feuerwehr untergebracht sein wird, so vorausschauend wie möglich zu planen. Das betrifft nicht nur den Raumbedarf, sondern insbesondere auch die technische und klimatechnische Ausführung. Diese Maßnahmen sind kein unnötiger Luxus, sondern dringend nötig. Das wird auch bei allen weiteren Bauten eine wesentliche Planungsfolie sein. Die jetzt geplante Fassade mit einem Mix aus Grünflächen, Photovoltaik, Holz und Metall wird dem gerecht und die damit verbundenen Mehrkosten werden sich schon bald auszahlen. Ich hoffe, dass wir über eine kluge Bündelung bei der Vergabe und etwas Glück bei der Entwicklung der Preise im Baugewerbe preislich in dem Rahmen bleiben werden, der jetzt errechnet ist.

Ein zweites großes Thema war zweifellos das Verkehrsprojekt »Brühl macht Platz!«, mit dem wir einen Blick in die nähere Zukunft gewagt haben. Wie könnte sich die Brühler Innenstadt entwickeln, wenn dieser große Platz kein Parkplatz mehr wäre? Was passiert auf der Kölnstraße, wenn da weniger Verkehr ist? Das Besondere an dem Projekt war, dass es nicht nur mögliche Zukunftsszenarien auf dem Papier entwickelt hat, sondern dass zumindest für einen Monat konkret erlebbar wurde, wie es sich mit weniger Autos in der Innenstadt leben lässt.

Um diese Verkehrsreduktion zu erreichen, wurde ab Ende August der Belvedere für einen Monat zu einem großen Mitmachplatz und dadurch die Kölnstraße zwischen Kreisel und Burgstraße deutlich vom motorisierten Individualverkehr entlastet. Auch wenn die Auswertung der wissenschaftlichen Begleitung dieses Projektes noch aussteht, möchte ich doch auf einige eigene Beobachtungen an dieser Stelle eingehen.

An vielen Tagen war es überwältigend, wie viele Menschen und insbesondere auch wie viele Kinder und Jugendliche sich auf dem Platz aufgehalten haben. Und das, obwohl es keine reine Konsummeile – wie beispielsweise die Margaretenkirmes – war, sondern ein Großteil der Angebote vom Mitmachen lebten. Herausragend waren sicherlich der Tag des Sports am Anfang der Projektzeit und die Veranstaltung anlässlich des Weltkindertages am Ende. Doch auch an einem normalen Tag war nahezu immer etwas los, Menschen haben ihre Mittagspause auf dem Platz verbracht, ihr Geburtstagsfest nach draußen verlegt und an den trendigen Palettenmöbeln gefeiert. Viele Brühler Bands hatten Auftrittsmöglichkeiten, Vereine haben sich vorgestellt und über ihre Angebote zum Mitmachen eingeladen. Auch auf der Kölnstraße wurden die neuen Möbel genutzt…. Hier war jedoch vor allem spürbar, dass der motorisierte Verkehr deutlich zurückgegangen ist und die Straße entlastet war. Eine Ärztin hat mir berichtet, dass sie erstmals, seit sie dort ihre Praxis hat, das Fenster habe öffnen können. Sie erzählte mir auch, dass sie im Vorfeld ihre Patientinnen über die neue Parksituation informiert habe und es zu keinen Schwierigkeiten geführt habe.

Dass andere durchaus Schwierigkeiten bzw. Umsatzeinbußen hatten, möchte ich an dieser Stelle nicht verschweigen. Davon war jedoch mit Sicherheit ein gewisser Anteil hausgemacht. Denn wenn ein Geschäft am Stern Umsatzeinbußen während des Verkehrsprojektes »Brühl mach Platz!« zu beklagen hat, dann kann das nicht – zumindest nicht ausschließlich! - an den nicht vorhandenen Parkplätzen auf dem Belvedere liegen. Das liegt dann auch an der polemischen und geschäftsschädigenden Propaganda gegen das Projekt. Wer seit Januar behauptet, dass die Brühler Innenstadt im Sommer nicht erreichbar sei, wer mit platten Parolen auf Plakatwänden gegen das Projekt wettert und behauptet, dass man in Hürth parken müsse, wenn man in Brühl einkaufen wolle, der braucht sich nicht wundern, wenn die Leute dann nicht in die Stadt kommen. Werbung wirkt. Und diese »Werbung« war in großem Stil geschäftsschädigend für den Brühler Einzelhandel und die Gastronomie. Dabei gab und gibt es innerhalb der Einzelhändler:innen durchaus differenzierte Meinungen zu dem Projekt, im direkten Gespräch wurde es längst nicht so schwarz – weiß eingeschätzt, wie es in der Öffentlichkeit dargestellt wurde. Mein herzlicher Dank gilt an dieser Stelle den Mitarbeiter:innen des Fachbereiches Mobilität und Verkehr, die mit großem Engagement das Projekt geplant und durchgeführt haben und vielen Brühler:innen eine neue Sicht auf die Innenstadt und einen kleinen Blick in die Zukunft Brühls ermöglicht haben. Zur näheren Zukunft Brühls macht sich auch der Brühler Filmemacher Thorsten Kleinschmidt Gedanken. In seinem Projekt »Brühler Zukunftsdialoge«, das er im Auftrag der Stadt durchführte, hat er Brühler:innen nach ihren Vorstellungen zur Zukunft unserer Stadt befragt. Herausgekommen ist ein sehr sehenswerter Film, der nicht nur Eindrücke des Verkehrsprojektes dokumentiert, sondern vor allem einlädt zu Gesprächen über diese wichtige Frage. Seinem Plädoyer für analoge Gesprächsformate, in denen differenziert miteinander gesprochen oder diskutiert werden kann und in denen man sich zuhört, schließe ich mich ausdrücklich an.

Auch beim Thema Weiterentwicklung der Brühler Schullandschaft schlugen die Wellen in diesem Jahr hoch. Ausgangssituation für die im Herbst durchgeführte Elternbefragung war die seit Jahren hohe Zahl an Brühler Kindern, die an der bestehenden Gesamtschule aus Kapazitätsgründen abgelehnt werden müssen. Dass die Etablierung einer weiteren Gesamtschule mit dem Auslaufen der bestehenden Erich-Kästner-Realschule und Clemens- August-Hauptschule verbunden wäre, hat die Diskussion enorm emotionalisiert. Denn in der Bewertung der bisherigen Arbeit, also im Blick zurück, gibt es überhaupt keinen Anlass, diese beiden Schulen auslaufen zu lassen. Doch in der Bewertung der Erfordernisse aufgrund der bisherigen Anmeldezahlen, also im Blick nach vorne, wird die bestehende Schullandschaft nicht dem benötigten gerecht. Und als politisch Verantwortliche sehen wir uns in der Verantwortung, Lösungen zu finden, um aktuelle Missstände, hier die vielen abgelehnten Kinder an der Gesamtschule, zu beheben. Über unseren Vorschlag, der Gründung einer zweiten Gesamtschule, wurden die Eltern befragt, so, wie es die Bezirksregierung in so einem Fall vorschreibt. Den Umgang mit dieser Elternbefragung finde ich schon äußerst bemerkenswert. Die Opposition warf uns ideologiegetriebene Politik vor, mit der wir den Schulfrieden aufkündigen würden. Auch die Stadtelternpflegschaft stemmte sich zunächst mit Händen und Füßen gegen diese Befragung und hat dann den Eltern Ankreuzhilfen an die Hand gegeben. Das kann man so machen, ist aber doch zumindest befremdlich. Das Ergebnis der Befragung ist bekannt und bedarf keiner großen Interpretation. In den nächsten Jahren wird es entsprechend dem Elternwillen keine zweite Gesamtschule geben. Auf die Frage, wie wir stattdessen mit dem Überhang an angemeldeten Kindern umgehen werden, werden wir in den kommenden Monaten eine Antwort finden. Der Blick muss sich nach vorne richten. Hier erwarte ich auch von der Opposition konstruktive Vorschläge.

Nun aber zum Blick nach vorn.

Mit dem vom Bürgermeister und Kämmerer eingebrachten Haushaltsentwurf kommen wir gerade so am Haushaltssicherungskonzept vorbei. Der eindringliche Appell des Kämmerers an die Politik, sich mit weiteren Anträgen zurückzuhalten, ist eine zweischneidige Sache: einerseits ist es in unser aller Interesse, dass wir einen Haushalt beschließen, ohne ins HSK zu rutschen. Gleichzeitig muss es auch den im Rat vertretenden Fraktionen möglich sein, eigene Anträge zu stellen um auf diesem Weg das kommunalpolitische Handeln zu steuern. Seit Jahren ist der von der Verwaltung eingebrachte Haushalt angespannt und das Ergebnis am Ende – erfreulicherweise – dann doch positiv. Dadurch entsteht auf Dauer der Eindruck, dass der Gestaltungsspielraum für die Politik künstlich kleingehalten werden soll. Das beschäftigt uns und wir sehen das kritisch.

Auf vier Bereiche möchte ich noch genauer eingehen: Schule, Kultur, Mobilität und Klimaschutz.

Im Bereich Schule halten wir prinzipiell die bisherige Höhe des Innovationsfonds für richtig. Dennoch haben wir den Ansatz angesichts des nicht komplett ausgeschöpften Betrages in 2023 auf 150.000 € reduziert, verbunden mit der Option, gegebenenfalls gegen Ende 2024 mittels überplanmäßiger Ausgaben auf maximal 200.000 € aufzustocken. Seit langem ist es uns ein großes Anliegen, dass in den Mensen unserer Schulen gesundes, hochwertiges und abwechslungsreiches Essen mit hohem Bio-Anteil angeboten wird. Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe, die sich mit der Thematik beschäftigt hat, sind jetzt in die neue Ausschreibung für das Catering an den weiterführenden Schulen eingeflossen, die damit den Kriterien der Deutschen Gesellschaft für Ernährung entspricht. Um die zu erwartenden höheren Kosten abzufedern, soll jedes Essen mit 1,00 € bezuschusst werden können. Die entsprechenden Mittel dafür sind im Haushalt eingestellt. Im Haushaltsentwurf des Bürgermeisters waren die Planungen für die Erweiterung der Pestalozzi-Schule aufgrund der angespannten Haushaltslage auf Eis gelegt. Uns war und ist es wichtig, dass die Planungen weitergehen, um den Schüler:innen und Lehrkräften dauerhaft eine angemessene Lernumgebung schaffen zu können.

Kultur ist eine Art Bindegewebe unserer Gesellschaft. Zu Kultur im weiten Sinne haben alle Menschen einen Bezug. Insofern ist die Förderung kultureller Angebote ein wichtiger Beitrag für den Zusammenhalt in Brühl. Wir begrüßen ausdrücklich die Neuausrichtung des bisherigen Agenda-Marktes zu einem Tag der Vielfalt, an dem sich Vereine und Initiativen der Stadtgesellschaft in der Innenstadt präsentieren können und zeitgleich an vielen Orten wieder Straßenmusik erklingen wird. Diese Veranstaltung, bei der die Breite des bürgerschaftlichen Engagements in unserer Stadt geballt sichtbar wird und die mit einem Budget von weniger als 10.000 € auskommt, muss weiterhin jährlich stattfinden und nicht auf einen zweijährlichen Rhythmus gestreckt werden. Das gleiche gilt für den Tag des Sports, der ebenfalls mit einem geringen Budget auskommt und eine erfreuliche Strahlkraft in den beiden letzten Jahren entwickelt hat. Wenn wir hier streichen, streichen wir an der falschen Stelle!

Kaum ein anderes Thema ist so emotional aufgeladen, wie das Thema Mobilität und Verkehr. Nicht nur die heftigen Debatten um »Brühl macht Platz!« haben das gezeigt. Auch im Alltag ist es z. B. kaum möglich, einen Autofahrer darauf anzusprechen, dass er mit seinem Wagen auf dem Gehweg, Radweg oder im absoluten Halteverbot steht, ohne massiv beleidigt zu werden. Es ist nicht hinnehmbar, dass sich hier vermeintlich das Recht des Stärkeren gegen den Schutz der Schwächeren durchsetzt! Je nachdem, wie sich die Situation im kommenden Jahr entwickelt, müssen wir eine Aufstockung der Verkehrsaufsicht in Erwägung ziehen.

Auch wir politischen Parteien sind vor dieser Emotionalität nicht gefeit. Jede Veränderung, die Menschen, die zu Fuß gehen, Rad fahren oder Carsharing nutzen mehr Platz einräumt und den Platz für Autos verringert oder verteuert, führt zu Widerstand und Empörung, als ob es um den Untergang des Abendlandes ginge. Dabei geht es »nur« um eine gerechtere Aufteilung des öffentlichen Raumes.

Mit einer sechsmonatigen Testphase wollen wir im kommenden Jahr herausfinden, wie ein erweitertes Fahrradleihsystem in unserer Stadt angenommen wird. Die Datenauswertung der achtwöchingenTestphase im Sommer halten wir nur für bedingt belastbar, da an wichtigen Standorten keine Räder zur Ausleihe zur Verfügung standen. Deswegen sollen von Mai bis Oktober Fahrräder entsprechend dem Angebot der REVG in der Stadt zur Verfügung stehen. Wir halten ein Fahrradleihsystem für einen sehr wichtigen Baustein eines zeitgemäßen Mobilitätsangebotes, das für die Bürger:innen auch erheblich günstiger ist, als die E-Scooter. Wir hoffen sehr, dass wir nach dieser Probezeit dauerhaft in Brühl ein Fahrradleihsystem anbieten können.

Einem Antrag der FDP auf Anpassung der Parkgebühren auf den städtischen Parkplätzen haben wir zugestimmt. Wenn man bedenkt, dass ein Einzelfahrschein im Stadtgebiet Brühl ab 1. Januar 3,50 € kostet, ist es in jedem Fall vertretbar, die Parkgebühren zu erhöhen. Wir hoffen, dass eine neue Gebührenordnung spätestens zur Mitte des Jahres in Kraft treten kann.

Die weltweit größte Herausforderung ist in diesem Jahrzehnt der von Menschen gemachte Klimawandel. Die Treibhausgase, die wir durch das Verbrennen fossiler Stoffe in die Atmosphäre jagen, führen zu globaler Erderwärmung. 2023 wird das heißeste Jahr seit Aufzeichnung der Wetterdaten sein. Das Tückische ist, dass man die Treibhausgase weder sehen noch riechen kann, und dass – individuell gefühlt – 1 oder 2 Grad Celsius mehr oder weniger doch nicht wirklich einen großen Unterschied machen. Wenn man krank ist, ist es zwar doch ein großer Unterschied, ob man 38 oder 40 Grad warm ist, aber draußen an der Luft? Derzeit sind wir mit unseren Anstrengungen auf einem 2,7-Grad-Kurs. Das ist erschreckend weit entfernt von den Vereinbarungen der Pariser Klimakonferenz. Die Vereinbarungen der aktuellen Konferenz in Dubai stehen noch aus. Es wird darum gerungen, den Einstieg in den Ausstieg aus der Verbrennung von Öl und Gas zu beschließen. Die Lobbyisten der Öl- und Gasindustrie kämpfen mit allen Mitteln, um einen solchen Beschluss zu verhindern…

Sven Plöger, der nicht nur das Wetter sehr anschaulich erklären kann, sondern sich mit dem Thema Klima und Klimawandel gut auskennt, hat neulich in einer Talkshow erläutert, wie sich eine Erderwärmung um 3 Grad auswirkt. Weil man in die Zukunft gerichtet die Szenarien nur schwer beschreiben kann, hat er den Blick in die Vergangenheit angestellt. Vor 11.000 Jahren war die globale Temperatur etwa 3 Grad kühler als heute. Die Alpen waren voller Gletscher und unbewohnbar und auch die Gegend, wo heute Berlin ist, lag unter 100 Metern Eis. Für die Erwärmung um diese 3 Grad hatte die Natur 11.000 Jahre Zeit. Zeit, um sich langsam anpassen zu können. Wir hingegen erwärmen mit unserem Lebensstil die Erde innerhalb weniger Jahre. Für eine »natürliche« Anpassung bleibt da keine Zeit. Wenn wir nicht massiv und entschlossen umsteuern, gefährden wir nicht nur unseren Wohlstand, sondern die Lebensgrundlage für uns und unsere Nachkommen. Die konkreten Handlungsfelder sind längst bekannt. Auch hier vor Ort stehen wir in der Verantwortung und haben gleichzeitig die Möglichkeit, unseren Beitrag zu leisten:

  • Der Ausbau von PV-Anlagen auf städtischen Gebäuden läuft und wird im kommenden Jahr weitergeführt.
  • Die Stadtwerke werden Großflächen-PV-Anlagen installieren und die Planung einer Windkraftanlage im Brühler Westen weiter vorantreiben.
  • Bei Neubauten müssen wir die höchsten Klimaschutzstandards anwenden.
  • Die kommunale Wärmeplanung müssen wir zügig auf den Weg bringen damit die Brüger:innen so schnell wie möglich Planungssicherheit bezüglich ihrer Heizungen bekommen.
  • Wir müssen die Investitionen in Klimaanpassungsmaßnahmen erhöhen. Das Budget für die Pflanzung neuer Bäume wurde von uns aufgestockt. Jetzt gilt es, engagiert nach möglichen neuen Baumstandorten in der Stadt zu suchen und die Bäume zu pflanzen. Hier können auch die Bürger:innen einbezogen werden. Bei Zielkonflikten, z. B. Baum oder Parkplatz, muss im Sinne der Nachhaltigkeit entschieden werden.
  • Das beschlossene Integrierte Klimaschutzkonzept muss mit hoher Priorität in konkrete Maßnahmen umgesetzt werden.
  • Es müssen Flächen identifiziert werden, die wieder entsiegelt werden können, um mehr Wasser in der Erde speichern zu können.
  • Grünflächen müssen bunter werden, die Artenvielfalt bei den Pflanzen und Tieren muss gefördert werden.
  • Insgesamt müssen die Bürger:innen bei den Maßnahmen mehr einbezogen werden: von der Gemeinde Saerbeck im Münsterland kann man lernen, wie mit Beteiligung der Bürger:innen der Weg zu einer klimaneutralen Kommune machbar ist.

Vieles davon ist im vergangenen Jahr endlich angepackt worden. Das ist auch unserem neuen technischen Dezernenten zu verdanken, der mit Sachverstand und hohem Engagement zusammen mit seinen Mitarbeiter:innen die Themen professionell aufs Gleis setzt.

In den vergangenen Wochen haben wir uns sehr gründlich mit dem vorliegenden Zahlenwerk beschäftigt, Anträge formuliert und intensiv diskutiert. Wir halten die Anhebung der Grundsteuer B für gerechtfertigt und können insgesamt dem jetzt vorliegenden Entwurf zustimmen. Ich danke den Mitarbeiter:innen der Verwaltung für ihre Arbeit und ihre Unterstützung unserer Arbeit.

Ich wünsche uns heute und im kommenden Jahr konstruktive Diskussionen und Ihnen allen frohe Festtage.
Vielen Dank.

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