BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Die Brühler Grünen

Die Fraktionen von SPD und Grünen machen sich für das Recht der Eltern auf einen Platz an einer Gesamtschule stark!

Liebe Eltern der Brühler Schüler:innen, liebe interessierte Bürger:innen,

die Brühler Stadtratsmehrheit hat im vergangenen Herbst nach fast drei Jahrzehnten des Stillstandes einen Prozess zur Weiterentwicklung der Brühler Schullandschaft angestoßen. Die aktuelle Brühler Schullandschaft besteht in ihrer jetzigen Form bereits seit der Gründung der Gesamtschule Brühl im Jahr 1996. Es ist uns deswegen ein wichtiges Anliegen, in Form einer Elternbefragung zu ermitteln, ob die bestehende Schullandschaft auch im Jahr 2023 noch den Bedürfnissen der zukünftigen Schüler:innen und dem Elternwillen entspricht. Fakt ist: An der Gesamtschule Brühl müssen aus Kapazitätsgründen jährlich eine große Anzahl an Brühler Kindern ablehnt werden. Die Fraktionen von SPD und Grünen haben daher den Schulträger mit der Durchführung einer Elternbefragung beauftragt, die den konkreten Bedarf für eine weitere Brühler Gesamtschule klären wird. Mit diesem Verfahren tragen wir den vielfachen Ablehnungen Brühler Schüler:innen an der Gesamtschule Rechnung, die über zig Jahre politisch schlichtweg ignoriert wurden. Aus diesem Grund gehen wir jetzt endlich die Versäumnisse der Vergangenheit an. Es handelt sich bei dem eröffneten Verfahren um die erste Beteiligung der Elternschaft an der Entwicklung der Brühler Schullandschaft seit mehr als 23 Jahren. Klar ist aber auch: Als politische Akteur:innen können wir ein solches Verfahren lediglich anstoßen. Die endgültige Entscheidung über die Eröffnung einer neuen Schule liegt bei der Bezirksregierung, deren finales Votum von der Abwägung vieler verschiedener Aspekte abhängt.

Für uns ist entscheidend, dass der gesamte Prozess zur Weiterentwicklung der Brühler Schullandschaft transparent und mit größtmöglicher Beteiligungsintensität abläuft. Daher wurden in einer der beiden vom Schulausschuss eingerichteten Arbeitsgruppen Vorschläge erarbeitet, wie eine zweite Gesamtschule konkret aussehen könnte. In einem nächsten Schritt sollen die Eltern der Kinder, die ab dem Schuljahr 2025/2026 eine weiterführende Schule in Brühl besuchen werden, selbst über die Zukunft der Schullandschaft entscheiden dürfen. Im Vorfeld dieser Elternbefragung wird die Verwaltung umfassende Informationen zu allen Schulformen bereitstellen.
Der angestoßene Prozess ist nach wie vor ergebnisoffen: Erst wenn sich die Brühler Eltern für die Errichtung einer zweiten Gesamtschule aussprechen und auch die Bezirksregierung einwilligt, kann eine weitere Gesamtschule in Brühl errichtet werden.

Neben der Umsetzung des Elternwillens sprechen aus unserer Sicht viele pädagogische Argumente für ein Konzept des gemeinsamen Lernens.

  • Freude am Lernen: Das dreigliedrige Schulsystem produziert viel Druck auf die Kinder. Der Leistungsdruck beginnt schon in der 3. Klasse mit der Frage nach den »richtigen« Noten für die »richtige« Schulformempfehlung. Dies bestätigt sich in vielen Gesprächen mit Grundschullehrer:innen, die besorgt um das Wohlergehen und die Unbeschwertheit der Kinder sind. Jedes Kind lernt in einem eigenen Tempo. Jedes Kind hat individuelle Stärken und Interessen, die sich auch erst nach Abschluss der 4. Klasse zeigen können.
  • Druck nehmen: Auch auf den weiterführenden Schulen droht den Schüler:innen, die dem Leistungsdruck ihrer Schulform nicht standhalten können, die »Abschulung«. So startete die Clemens-August-Schule in den vergangenen Schuljahren oftmals mit einer Klasse in Jahrgangsstufe 5 und verdoppelte ihre Klassenstärke im weiteren Verlauf durch »Abschulungen« in den Jahrgangsstufen 7 bis 9. Diese Kinder müssen Schule und Freundeskreis wechseln. Eine Schulform, die den Kindern die Freiheit lässt, sich in ihrem Tempo ohne das Drohszenario einer »Abschulung« zu entwickeln, nimmt den Schüler:innen Druck.
  • Vielfalt als Stärke: Schule ist ein Ort des ganzheitlichen und sozialen Lernens. Sowohl leistungsstarke als auch leistungsschwächere Schüler:innen profitieren vom gemeinsamen Lernen. Vielfalt ist eine gesellschaftliche Stärke. Die Fähigkeiten, die unsere Kinder in einer hoch komplexen Zukunft brauchen werden, erwerben sie am besten in einer vielfältigen und bunten Schulgemeinschaft.
  • Konkurrenzfähig bleiben: Im europäischen Vergleich ist Deutschland eines der wenigen Länder mit einem dreigliedrigen Schulsystem. Die Ergebnisse der PISA-Studie geben dem Konzept des gemeinsamen Lernens Recht.
  • Bildungsgerechtigkeit stärken: Der Bildungsstand und die finanziellen Ressourcen des Elternhauses entscheiden nach wie vor über die Bildungschancen von Kindern und Jugendlichen. Das Konzept des gemeinsamen Lernens leistet einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung einer realen Bildungsgerechtigkeit.

Im Weiteren möchten wir gerne auf offene Fragen in Bezug auf eine mögliche zweite Gesamtschule in Brühl Bezug nehmen:

  • »Abschulung« vom Max-Ernst-Gymnasium: Ein Schulformwechsel ist auch im Rahmen eines zweigliedrigen Schulsystems mit Gymnasium und Gesamtschule möglich. Es sollen von Anfang an entsprechende Kapazitäten vorgehalten werden. Andere Kommunen haben mit diesem System bereits gute Erfahrungen gemacht.
  • Drittelparität: Die Einhaltung einer Drittelparität, d. h. einer gleichen Anzahl der Aufnahme von Schüler:innen mit den Schulformempfehlungen Gymnasium, Realschule und Hauptschule, ist für die Schulform Gesamtschule aus systemischen Gründen selbstverständlich sinnvoll, gesetzlich allerdings nicht vorgeschrieben. Die Gesamtschule als Schulform möchte in jeder Hinsicht die ganze Vielfalt der Gesellschaft mit all ihren Talenten und Begabungen zum gemeinsamen Lernen einladen und leistet damit hervorragende Arbeit.
  • Oberstufe: Sollte eine zweite Brühler Gesamtschule nicht ausreichende Schüler:innenzahlen für eine ergiebige Oberstufe vorweisen können, ist eine Zusammenarbeit mit der bestehenden Gesamtschule denkbar und für beide Schulen gewinnbringend, um ein größtmögliches Fächerangebot ermöglich zu können. Die Kooperation würde vor allem durch die gleiche Schulstruktur vereinfacht und begünstigt werden.
  • Schulschließungen: Ob im Fall der Gründung einer zweiten Gesamtschule dafür eine andere Schule geschlossen werden und somit auslaufen wird, liegt allein in der Hand der Bezirksregierung. Diese entscheidet anhand der aktuellen und zukünftigen Schüler:innenzahlen in Brühl und den umliegenden Kommunen, wie viele weiterführende Schulen in Brühl aufrecht erhalten werden können. Die Schließung der Erich-Käster- Realschule und der Clemens-August-Hauptschule erscheint aus der Außenperspektive wahrscheinlich, die politischen Akteur:innen in Brühl haben allerdings keinerlei Einfluss auf die Entscheidung der Schulaufsicht. In jedem Fall wird es allen aktuellen Schüler:innen der Erich-Käster-Realschule sowie der Clemens-August-Schule ermöglicht werden, an ihrer Schule bis zu ihrem Abschluss weiter beschult zu werden.
  • Entscheidungen: Wer wird entscheiden? Die rot-grüne Ratsmehrheit hat sich bewusst und im Sinne unserer Wahlprogramme dafür entschieden, den endgültigen Beschluss über die Weiterverfolgung der Idee einer zweiten Gesamtschule dem Votum der Eltern der Kinder, die in Zukunft weiterführende Schulen in Brühl besuchen werden, zu überlassen. Wir vertrauen den Eltern, dass sie wissen, welche Schulform den Bedürfnissen ihres Kindes am ehesten entspricht. Sollten die Eltern sich in der angestrebten Elternbefragung mehrheitlich gegen das Projekt einer zweiten Gesamtschule aussprechen, dann wird es diese auch nicht geben. Wir möchten den Eltern die Möglichkeit geben, sich aktiv an der Weiterentwicklung der Brühler Schullandschaft zu beteiligen.
  • Elternbefragung: Der Fragebogen zu Elternbefragung entspricht den gängigen Standards der Bezirksregierung sowie anderer Kommunen.

Möglicherweise ist es uns in den vergangenen anderthalb Jahren nicht gelungen, unsere konkreten Anliegen in angemessener Weise zu kommunizieren. Daher möchten wir nochmal klar formulieren:

Das Votum der Eltern in der bevorstehenden Elternbefragung zählt und nicht das der politischen Mehrheit.

Wir freuen uns auf den weiteren gemeinsamen Austausch sowie über Fragen und Anregungen!
 

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