Menü
Am 9. Oktober 2024 lud der Ortsverband der Grünen in Brühl unter dem Motto „Energiewende in Brühl – Gemeinsam aktiv werden“ zu seiner zweiten Veranstaltung zum Thema Energiewende in die Mensa der Erich-Kästner-Realschule ein. Rund 100 Interessierte nahmen teil, lauschten inspirierenden Vorträgen und beteiligten sich lebhaft an den Diskussionen.
Nach der Begrüßung durch Elisabeth Kühl, Vorstandssprecherin der Brühler Grünen, übernahm Valeria Aebert die Moderation und führte souverän durch den Abend.
Ralf Ritter, technischer Beigeordneter der Stadt Brühl, berichtete über die Fortschritte im Bereich der kommunalen Wärmeplanung und der erneuerbaren Energien. Besonders beeindruckend waren die Entwicklungen bei Photovoltaikanlagen, deren Zubau auf den Dächern städtischer Gebäude stark zugenommen hat. Für das kommende Jahr seien zudem noch weitreichendere Schritte geplant.
Frage: Wird man gezwungen, an die Fernwärme angeschlossen zu werden, und was passiert, wenn man bereits eine Wärmepumpe installiert hat?
Antwort Ritter:
1. Aktuell werden keine Wärmegebiete ausgewiesen, wodurch es auch keinen Anschlusszwang gibt.
2. Es ist jedoch unklar, was in Zukunft geschehen wird.
3. Bestehende Heizungen genießen Bestandsschutz und müssen nicht zwingend an die Fernwärme angeschlossen werden.
Frage: Ist es nicht bedenklich, Photovoltaikanlagen auf landwirtschaftlichen Flächen mit sehr guten Böden zu installieren? Wäre es nicht besser, bereits versiegelte Flächen zu nutzen?
Antwort Ritter:
1. Diese Sorge ist berechtigt. In der Vergangenheit unterlag der Bau von Photovoltaik-Feldern der Bauleitplanung. Doch durch eine Gesetzesreform sind nun bundesgesetzliche Vorgaben zu beachten, wodurch bei einem entsprechenden Antrag, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, die Nutzung genehmigt werden muss.
2. Zusätzlich hat das neue Gesetz bestimmte Flächen, z.B. an Autobahnen, privilegiert, was die Genehmigung von Photovoltaikanlagen dort vereinfacht.
Frage: Eine schrittweise Sanierung kann Menschen abschrecken, da es finanziell oft schwer tragbar ist. Wie kann die Stadt Brühl Baugenehmigungen handhaben, um die Energiewende zu beschleunigen?
Antwort Ritter:
1. Diese Unsicherheit ist nachvollziehbar und ein großes Problem.
2. Es gibt ökonomische und technische Zwänge. Die Stadt kann letztlich nur Informationen bereitstellen, damit die Menschen diesen Zielkonflikt besser verstehen.
3. Bei Baugenehmigungen unterstützt die Stadt Brühl bei allen Vorfragen und versucht, Anträge schnell zu bearbeiten. Energetische Sanierungen sind jedoch meist nicht genehmigungspflichtig.
Frage: Viele Häuser unterliegen noch den Bestimmungen der alten Wärmeschutzverordnung von 1995. Inwiefern sind einfache Sanierungen möglich, und ist Geothermie im privaten Bereich eine Option?
Antwort Ritter:
1. Gebäude aus den 90ern gelten im Kern als modern, da sie oft bereits eine zeitgemäße Außendämmung besitzen. Daher sind einfache Sanierungen häufig möglich.
2. Geothermie ist technisch machbar, jedoch hängt die Umsetzung stark von der Wirtschaftlichkeit ab.
Thomas Isele, Geschäftsführer der Stadtwerke Brühl, erläuterte die Bedeutung von Freiflächen-Photovoltaikanlagen und präsentierte ein innovatives Sparbrief-Modell, mit dem sich die Bürger*innen aktiv an den Projekten der Stadtwerke beteiligen können. Die Bürger*innen sollen dabei einen attraktiven Zinssatz erhalten und mit ihrem Geld die Projekte der Stadtwerke im Bereich der erneuerbaren Energien aktiv unterstützen können. Wann genau die Sparbriefe verfügbar sein werden, ließ er allerdings offen.
Frage: Warum hat es so lange gedauert, bis die Stadtwerke im Bereich Energiesparen aktiv wurden, obwohl es um CO₂-Reduktion und Klimaschutz geht?
Antwort Isele:
1. Die Stadtwerke waren schon immer im Klimaschutz engagiert, jedoch gibt es in Brühl nur wenige Freiflächen.
2. In den letzten fünf Jahren wurden verstärkt Photovoltaikanlagen ausgebaut, seitdem ich hier tätig bin.
3. Wir analysieren seit Langem Einsparpotenziale in Gebäuden. Bei alten Mehrfamilienhäusern ist die Wärmepumpe oft nicht die beste Lösung, hier setzen wir vermehrt auf Fernwärme.
Frage: Das Sparbrief-Modell klingt interessant. Wie hoch wird die Verzinsung sein und wie sieht das Risiko aus? Wäre eine Zusammenarbeit mit einer Bürgergenossenschaft möglich?
Antwort Isele:
1. Die Verzinsung wird etwas über dem aktuellen Bankzins liegen, da wir auch wirtschaftlich arbeiten müssen.
2. Bei einem Volumen von 2 Millionen Euro benötigen wir 500.000 Euro Eigenkapital und weitere 500.000 Euro von Bürgern. Den Rest finanzieren wir über die Bank.
3. Die Stadtwerke können als Partner agieren, jedoch nicht als Genossenschaft fungieren.
Frage: Windkraft spielt hier keine Rolle. Gibt es Pläne für Großstromspeicher?
Antwort Isele:
1. Es gibt bereits Beschlüsse, eine Gesellschaft zu gründen, die sich mit erneuerbaren Energien und Speichersystemen befasst.
2. Ziel ist es, Speichersysteme auszubauen, wobei jedoch stets die Wirtschaftlichkeit im Blick behalten werden muss.
Die Architektin und Energieberaterin Waltraud Clever stellte praktische Möglichkeiten zur Gebäudedämmung im Eigenheim vor. Sie betonte, dass es nicht notwendig sei, sofort eine Komplettsanierung durchzuführen. Schrittweise Maßnahmen, die aufeinander aufbauen, seien oft genauso effektiv und würden durch verschiedene Förderprogramme unterstützt – sowohl vom Bund, vom Land und den Kommunen. Clever hob hervor, dass es sogar möglich sei, mehrere Förderprogramme gleichzeitig in Anspruch zu nehmen. In Anbetracht der steigenden Energiepreise sei es immer ratsam, so viel Energie wie möglich zu sparen.
Frage: Bei einem Haus von 1928 scheint die Wirtschaftlichkeit einer Sanierung für den Rest der Lebenszeit fraglich. Kann man nicht auch aus Überzeugung sanieren, selbst wenn es sich nicht rechnet?
Antwort Clever:
1. Jede Überzeugung zur Umsetzung von Energiemaßnahmen ist wertvoll, da sie der Umwelt hilft.
2. Man sollte immer die Restlaufzeit von Bauteilen betrachten. Wenn diese bald endet, lohnt sich ein Austausch mehr.
3. Wichtig ist, dass die zukünftigen Kosten für Öl und Gas in die Wirtschaftlichkeitsberechnung einbezogen werden.
Frage: Welche baurechtlichen Vorgaben gibt es in Brühl für energetische Sanierungen, insbesondere wenn dadurch das Gebäude etwas höher wird?
Antwort Clever:
1. Solche Sanierungen sind meist privilegiert und benötigen keine Genehmigung, selbst wenn das Gebäude dadurch breiter oder höher wird. Das Bauamt wird keine Hindernisse in den Weg legen.
Frage: Gibt es eine Aufweichung von Denkmalschutzvorgaben, um Solaranlagen auf denkmalgeschützten Dächern zu installieren?
Antwort:
Es gibt bereits Erleichterungen zugunsten von Solaranlagen auf Dächern von denkmalgeschützten Gebäuden. Diese Maßnahmen müssen jedoch immer mit der Denkmalbehörde abgestimmt werden.
Frage: Wie kann die Sichtbarkeit von Energieeinsparungsmaßnahmen gesteigert werden? Könnte man z.B. Wettbewerbe oder sichtbare Anzeigen, wie Tafeln, nutzen, um den Erfolg solcher Maßnahmen zu zeigen?
Antwort:
1. Es gibt bereits eine Plakette der KfW für Effizienz-Sparhäuser, die eine solche Auszeichnung sichtbar macht.
2. Auf stadtweiter Ebene gibt es jedoch Probleme, da keine einheitlichen Zähler für die Einsparung existieren.
3. Ein weiteres Problem ist die Validierung der Daten, die man anzeigen möchte.
4. Die Stadtwerke lassen sich regelmäßig prüfen, was durch den "Energy Award" sichtbar gemacht wird.
5. Interkommunale Vergleiche sind jedoch schwierig umzusetzen.
Frage: Wie steht die Stadt Brühl hinsichtlich der Erreichung ihrer Klimaschutzziele? Einige städtische Gebäude, wie das Rathaus oder die Barbaraschule, scheinen nicht mit gutem Beispiel voranzugehen.
Antwort:
1. Die Stadt hat ein Klimaschutzkonzept und Maßnahmen, jedoch keine konkrete Berechnung der CO₂-Reduktion in Tonnen. Eine solche Evaluierung wäre mit den aktuellen Ressourcen sehr schwer umsetzbar. Der Fokus liegt momentan eher auf der Schaffung eines positiven Impacts.
2. Das Rathaus wurde rein aus gestalterischen Gründen so konzipiert. Diese Entscheidung liegt einige Jahre zurück und würde heute anders ausfallen.
Frage: Wird das Gasnetz zukünftig auf Wasserstoff umgestellt?
Antwort:
1. Wasserstoff ist ein Zukunftsthema, das in Brühl auf dem Radar steht. Es hängt jedoch davon ab, ob die Stadt an ein Wasserstoffnetz angeschlossen wird, was voraussichtlich nicht vor 2032 der Fall sein wird. Der Fokus wird auf Geschosswohnungsbau liegen.
2. Aktuell stehen wir jedoch erst am Anfang dieser Entwicklung.
Frage: Wir haben in unserem Haus noch eine Gastherme. Gibt es schon Konzepte für nachhaltiges Gas?
Antwort:
1. Nachhaltiges Gas ist ein interessantes, aber auch sehr komplexes Thema. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass jedes Haus an ein Wasserstoffnetz angeschlossen wird. Eine Beimischung von Wasserstoff wäre wahrscheinlicher.
2. Wasserstoff ist derzeit sehr teuer und wird oft als „Champagner der Energiewende“ bezeichnet, weshalb es wirtschaftlich nicht sinnvoll ist, ihn einfach zu verheizen.
3. Erdgas wird bis 2045 verfügbar sein. Wenn Sie heute eine Gasheizung installieren, haben Sie für die nächsten 20 Jahre eine Versorgung mit diesem Rohstoff.
In der anschließenden Diskussionsrunde nutzten zahlreiche Teilnehmende die Gelegenheit, ihre Fragen direkt an die Expertinnen und Experten zu stellen. Auch nach dem offiziellen Ende der Veranstaltung nutzten viele das lockere Beisammensein bei einem Getränk, um weitere Gespräche zu führen.
„Die Brühler Bürger*innen möchten aktiv an der Energiewende teilhaben. Viele empfinden das Tempo der politischen Maßnahmen als zu langsam. Dass sie selbst die Möglichkeit haben, etwas zu bewegen und in Bereichen voranzugehen, wo es auf staatlicher Ebene hakt, wird als sehr ermutigend wahrgenommen. Die große Resonanz zeigt uns, wie wichtig dieses Thema den Menschen hier ist“, fasste Elisabeth Kühl, Vorstandssprecherin der Brühler Grünen, zusammen.
Gestern hat die 29. Conference of the Parties (COP) in Baku, Aserbaidschan begonnen. Für Deutschland wird Annalena Baerbock als Verhandlerin [...]
Robert Habeck hat einen Plan vorgestellt, wie Deutschlands wirtschaftliche Kräfte neu entfesselt werden. Die Vorschläge sollen die [...]
Gestern am späten Abend wurde das weiterentwickelte Kita-Qualitäts- und Teilhabeverbesserungsgesetz (KitaQuTH) im Bundestag beschlossen. Es [...]