Ich wohne seit 36 Jahren in Brühl und erlebe seitdem die Veränderungen der Infrastruktur und der Umwelt mit. Langsame Veränderungen des Stadtbildes haben den Nachteil, dass man sie schwer erkennen oder erinnern kann. Wie sah die Kölnstraße vor 36 Jahren aus? Oder der Belvedere-Parkplatz? Standen da mal Bäume? Bis wohin fuhren die Autos? Wie hoch war der Lärmpegel? Gab es Cercena, stand die Gesamtschule schon an der Südwiese? Apropos Südwiese: Haben wir uns an den Anblick derselben mit ihrem Umfeld - dem Blockheizkraftwerk, der intensiven Bebauung- schon gewöhnt? Ich nicht. Was sind die nächsten Planungen dort und anderswo? Wer plant da eigentlich? Wem gehören Land und Grundstücke? Wer zieht die Grenzen zwischen „Bauland“ und „Freiraum“, zwischen „Frischluftschneise“ und „Straßenrandbebauung“? Das interessiert mich sehr, denn wie wir planen und was wir eigentlich wollen, hat einen direkten Einfluss auf die Umwelt. Deshalb bin ich bei den GRÜNEN.
Die „kommunale“ Realität, soweit ich sie mitbekomme, ist überbordend komplex.
Die Kommune ist die kleinste politische „Zelle“ in unserem Staat. Genau hier spielt sich alles ab: Demokratie, Verkehr, Schule, Bauen und Wohnen, das Leben. Wir entscheiden in unserer Kommune nicht über alles. Nicht über die Erweiterung der Deponie „Vereinigte Ville“ oder die riesige, planfestgestellte Kiesgrube in Schwadorf. Wir sind ein Puzzleteil im Regionalplan. Dieser ist wiederum Bestandteil eines Landesentwicklungsplanes und so fort. Daher sind die Abhängigkeiten manchmal nicht einfach zu vermitteln, wenn jemand sagt „Ihr baut ja alles zu hier in Brühl“. Oder genau das Gegenteil: „Ihr baut trotz des Wohnungsmangels viel zu wenig!“ Das wird manchmal sehr kontrovers ausgefochten, manchmal ist man sich in den politischen Ausschüssen einig. Meine persönliche Tendenz geht dahin, mit jedem Aufstellungsbeschluss, also dem Start einer Bauleitplanung, sehr vorsichtig und „sparsam“ umzugehen. Wir als GRÜNE haben in der Koalition z.B. eine „klimaangepasste Bauleitplanung“ verabschiedet. Darin haben wir Standards beschrieben, an die sich bauwillige Investoren halten sollten. Ein kleiner Baustein für den Erhalt einer zukunftsfähigen Umwelt. Die Opposition aus CDU und FDP war dagegen: „Zu teuer“, sagte man, „Dachbegrünung ist überflüssig.“ Das sehen wir nicht so! Denn Gründächer verbessern das Klima, indem sie Regenwasser speichern und es langsam wieder verdunsten, Sauerstoff produzieren und verunreinigte Luft filtern.
Persönlich habe ich Schwierigkeiten mit der Tatsache, dass bauliche Aktivitäten meist in eine Richtung gehen: mehr Straßen, mehr Verdichtung. Auf der anderen Seite ist es richtig, eine größere, teure Kläranlage zu haben, die viele Medikamentenrückstände herausfiltert. Oder einen kommunalen Wärmeplan zu befürworten, der nicht perfekt ist, der aber eine Orientierung bietet. Und uns überhaupt erst einmal Klarheit verschafft, wie es um die Heizenergie und deren Verteilung in Brühl bestellt ist. Und es ist richtig, dass auf den Zustand der Schulen, der Straßen und Wege, der Kanalisation und der Infrastruktur geachtet wird, auch wenn es Geld kostet. Der Bürgerpark in Brühl Ost und die neue, architektonisch großartige Erich-Kästner-Realschule sind wirklich gute Beispiele. Es lohnt sich!
Martin Bender