„Verkehr kann jeder!“ Das hört man immer mal wieder, wenn man sich nach einer Sitzung des Ausschusses für Verkehr und Mobilität (AfVM) mit kommunalpolitischen Mitstreiter*innen und den Mitarbeitenden der Verwaltung austauscht. Was das meistens bedeutet: Diejenigen, die von einem Ort zu einem anderen wollen oder die an einer bestimmten Straße wohnen, betrachten sich selbst als die Expert*innen für diese Straße, den Weg oder das gewählte Verkehrsmittel.
Ich finde das nachvollziehbar, denn so ging es auch mir, als ich vor fast fünf Jahren als Ratsmitglied in die Kommunalpolitik eingestiegen bin. Ich bin eine passionierte Radfahrerin und dachte: „In der Verwaltung sitzen sicher vor allem Autofans, denen die Probleme der Radfahrenden eher egal sind. Ich bringe jetzt im AfVM den Blick vom Sattel aus in die Politik ein und dann wird sich bestimmt schnell viel verbessern.“
So war es dann aber doch nicht: Es fehlte nicht an Ideen und da waren auch nicht nur Autofahrende. Vielmehr fehlte es eher an finanziellen und personellen Ressourcen, um sich um die vielen Bausteine der Mobilitätswende zu kümmern. Denn es geht um Vieles: um Radwege, Radabstellanlagen, Radzählanlagen, um Stadt- und Regionalbusse sowie barrierefreie Bushaltestellen und Fußwege, um Car- und Bike-Sharing, um E-Scooter, Mobilstationen und Anwohnendenparkplätze, um Parkgebühren, Aktionen zur Europäischen Mobilitätswoche, Verkehrsexperimente und eine Verkehrsplanung, die auch die Begrünung und die Aufenthaltsqualität für Fußgänger*innen berücksichtigt. Und natürlich sind da noch Geschwindigkeitsanordnungen, Verkehrsberuhigungen, schulisches und betriebliches Mobilitätsmanagment und nicht zuletzt die Planung eines Radverkehrsnetzes mit überregionalem Anschluss.
Dabei müssen stets auch noch unterschiedliche Interessen abgewogen und Prioritäten gesetzt werden. Ohne ein verkehrsmittelübergreifendes, integrales Moblitätskonzept verzettelt man sich dabei schnell im Klein-Klein zwischen Bürgerbeteiligung, wiederkehrenden Grundlagendiskussionen, Zwängen der StVO oder bremsenden Baulastträgern im Kreis und im Land. Die finanziellen Mittel werden zudem immer knapper. Bei vielen Maßnahmen ist Brühl auf Fördermittel angewiesen, die jeweils aufwändig beantragt werden müssen.
Aber es gibt auch Fortschritte: Dank uns GRÜNEN ist die Verwaltung inzwischen personell gut aufgestellt und hochmotiviert. Ein neues Mobilitäts(wende)konzept wurde verabschiedet – inklusive einer erfolgreichen Bürgerbeteiligung. Es wird mehr Platz und Sicherheit für Rad- und Fußverkehr bringen; einige wenige Maßnahmen – z.B. an der Villebahn - sind bereits sichtbar. Ein verbesserter Stadtbus mit einem digitalisierten Anrufsammeltaxi als On-demand-System ist in Vorbereitung. Das Carsharing wurde von 4 auf 33 Autos ausgebaut, ein Bike- und Lastenradsharing eingeführt, die E-Scooter durch feste Abstellflächen geordnet und so zu einem konstruktiven Teil der Brühler Mobilität. Auf Bundesebene wurde Ende 2024 eine neue Straßenverkehrsordnung verabschiedet. Sie macht u. a. mehr Tempo-30-Zonen (aus Lärmschutzgründen) und Fahrradstraßen möglich, an deren Umsetzung die Verwaltung bereits arbeitet. Durch interkommunale Zusammenarbeit könnte Brühl bald selbst Geschwindigkeitskontrollen durchführen.
Wirklich Tempo wird die Mobilitätswende in Brühl aber erst mit einer starken grünen Fraktion und Simone Holderried als Bürgermeisterin aufnehmen können.
Conny Richter