BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Die Brühler Grünen

Spielbericht zur Sitzung des Brühler Stadtrates am Montag, den 06.05.2019

Im Unterschied zum Fußball gibt es bei Sitzungen des Stadtrates in aller Regel keine Fangesänge. Pyrotechnik ist ebenso verpönt wie grobes körperliches Foulspiel, abgesehen von gelegentlichem Türen-zu-schlagen. Dafür wird die Klinge dann eher mit sprachlichen Mitteln gekreuzt, daher dieser Spielbericht. Bevor die Ratssitzung richtig Fahrt aufnehmen [...]

14.05.19 –

Im Unterschied zum Fußball gibt es bei Sitzungen des Stadtrates in aller Regel keine Fangesänge. Pyrotechnik ist ebenso verpönt wie grobes körperliches Foulspiel, abgesehen von gelegentlichem Türen-zu-schlagen. Dafür wird die Klinge dann eher mit sprachlichen Mitteln gekreuzt, daher dieser Spielbericht.

Bevor die Ratssitzung richtig Fahrt aufnehmen konnte, galt es der Toten zu gedenken. Aus Reihen der Elf der SPD ist Frau Karin Hildebrandt verstorben, die sich über meine Redebeiträge im Rat immer schon deswegen freuen konnte, weil sie - wie ich - aus dem Kohlenpott kommt. Nun ist sie also „weg vom Fenster“, die, die noch eine richtige Kümmerin war, mit dem Blick für die kleinen Leute und ihre Sorgen. Auch von mir aus die ehrliche Anteilnahme.

Zunächst also, wo anderen Orts dann „Blau und Weiß wie lieb ich dich“ ertönt, im Rat die obligatorischen Bürgeranfragen: Stammspieler ist hier seit Jahren ein Herr Koenen aus der Schult-Teis-straße (muss es geben, er betont das immer so). Karin Tieke und weitere Spieler nutzten die Gelegenheit, nach Lärmschutzverstößen bei den ergänzenden Gründungsmaßnahmen des THC-Tenniszentrums zu fragen. Wo demnächst hoffentlich nur das beruhigende Plop-Plop der Bälle und das Stöhnen engagierter Jungspieler zu hören sein wird, gibt es aktuell erhebliche Belästigungen, die vorgeschriebene Lärmschutzgrenzwerte reißen. Der Bürgermeister will sich da sachkundig machen und stellt die Gelbe Karte in Aussicht.

Da auch in Brühl fast alle Macht vom Volke ausgeht wurde kurzerhand der Punkt „Räumliche Erweiterung der Barbaraschule“ nach vorne gezogen, denn zu diesem Thema war die schnöde „Zuschauerbereich“ genannte Ostkurve voll besetzt mit den Eltern, Lehrern und - vereinzelt - auch Schülern der Schule. Die Barbaraschulen-Ultras hatten im Vorfeld Druck gemacht und - weil sie seit Jahren schon vertröstet werden - schnelle Lösungen für die notwendige Erweiterung der Schule eingefordert. Anstelle von Containern soll besser direkt ein fester Bau errichtet werden. Und wie das gehen kann, haben befreundete Architekten denn auch vorgelegt. Da wollten sich die Ratsspieler dann nicht lumpen lassen. Die Spielgemeinschaft Schwarz-Grün hatte schon im Haushalt für die notwendigen Mittel gesorgt, so dass sie jetzt auf einen sofortigen Beschluss drängten. Die LinPis hatten mit ihrem Antrag den eigentlich ja schon rollenden Stein ein wenig beschleunigt. Die Roten wollten den Bürgermeister - der sich die Zuständigkeit ja in abenteuerlicher Weise erobert hat - nicht allzu sehr festlegen und beantragten den Verweis in den Schulausschuss. So mit Handlungsoptionen versorgt gelang es dem Bürgermeister das Ganze in die Form „wir wollen ja eigentlich alle nur das Gleiche“ zu gießen, nachdem er zuvor hinlänglich Verzögerungsmöglichkeiten mit dem Verweis auf Baugrund und Koordinierungsbedarf hinsichtlich gemeinsamer Küchennutzung mit einer KiTa hergestellt hat. Nun geht es also den gewohnt gemächlichen Gang in die Unwägbarkeiten der Schnittstellen innerhalb der Brühler Stadtverwaltung.

Kein Spiel ohne Regeln. So auch das Brühler Stadtleben. Die Stadtordnung musste angepasst werden. Am Ende haben sich alle zusammengerauft. Kaugummiausspucken oder Kippenwegwerfen ist jetzt ebenso Bußgeld-bewehrt wie Katzen zu füttern, ohne die Katze zu chippen, auf Plätzen zu randalieren, auf Kinderspielplätzen als über 6 jähriger zu pöhlen. Unbestimmte Rechtsbegriffe wie absichtliches Handspiel findet man auch hier, besser ging es aber nicht. Und: die Sonntagsspiele, ähm nein natürlich die Mittagsruhenanordnung bleibt.

Viel Feind, viel Ehr? Wenn es um die Ehrungen geht, geht es schon lang nicht mehr und hoffentlich nie mehr um die Auszeichnung von Kriegern, sondern nur noch um die Auszeichnung von Menschen, die sich für die Stadt verdient gemacht haben. Künftig gibt es neben dem Ehrenring auch die Ehrenplakette und für die Ratsmitglieder, die dem Rat 40 Jahre angehören, die Möglichkeit, sich ins goldene Buch der Stadt einzutragen. Ich bin mir da sicher, vorher den Absprung zu schaffen.

Wer die Alten Herren und Damen weiterhin auf dem Platz - sprich im Quartier - sehen möchte, muss dafür sorgen, dass die Quartiere auch altengerecht sind. Dazu braucht es Fachmenschen, die die Quartiersplanung passend machen. Warum bewohnen Alleinstehende große Häuser, während sie besser und lieber in barrierefreien Wohnungen leben würden. Da braucht es intensive Trainingseinheiten, um die Quartiere altengerecht aufzustellen. Mit dem Beschluss geht es in die nächste Runde.

Der CEO von Brühl schafft es - trotz intensivem Lauftraining - nicht überall zu Fuß hin, obwohl er sich bemüht. In Brühl kommen nur zwei ortsansässige Lieferanten von Motorkutschen infrage, merkwürdigerweise beide in der Renault-Nissan-Straße zu Hause. Die einen wollten gar keine Großkutsche stellen, die anderen können Elektro aktuell nur mit Kleingebinden. Selbst Hybrid geht nicht. So fährt also der Bürgermeister der Stadt mit der ambitionierten Brennstoffzellenbusflotte einen ganz ordinären Verbrenner: wohl bekomms.

Der Umgang mit den Satzungsänderungen war dann so wie das Aufeinandertreffen von zwei Mannschaften im gesicherten Mittelfeld zum Ende der Spielzeit. Schiedlich, friedlich, einvernehmlich wurden die Elternbeiträge in den Kitas, die Entwässerungssatzung, die Satzung zur Vergabe des Max-Ernst-Stipendiums und die Friedhofssatzung geändert. Erwähnenswert: Wer das Oberflächenwasser vor Ort versickert, zahlt dafür nichts mehr.

Schnell durchgewunken wurden Prüfungserleichterungen bei den Jahresabschlüssen und die Genehmigung von Dringlichkeitsentscheidungen. Herr Isele wurde zum Spielleiter der Stadtwerke und der Gebausie ernannt.

Mit mehr Schmackes wurde dann ein Antrag der LinPis diskutiert, der, abgesehen von einem Kommafehler, eigentlich zustimmungsfähig gewesen wäre. Es ging darum, in den öffentlichen Parkierungsanlagen Stromtankstellen aufzustellen und den Stromautos das Parken selbst kostenlos zu ermöglichen. Wie gesagt, eigentlich zustimmungsfähig gewesen wäre. Michael vom Hagen machte in seiner trockenen Spielanlage als 6er deutlich, dass der Antrag doch schon längst beschlossen ist und die Stadtwerke das ja auch machen. Was also soll man machen, der Ball ist im Tor, die Mannschaften bereits auf dem Weg in den Anstoßkreis, und dann ist da noch der kleine LinPi, der dazu auffordert den Ball doch endlich ins Tor zu spielen und gute Chancen hat, weil der Abwehrverbund des Gegners aufgelöst ist. Wenn ein LinPi sein Revier markieren will, macht er das halt. In der Sache wusste Platzwart Schiffer einen Ausweg: in der anstehenden Revision der Stellplatzverordnung wird das Thema Stromtankstellen aufgenommen.

Weiteren Markierungsinteressen der LinPis, diesmal am Thema Einwegbecher, habe ich vor Eintritt in die Aussprache mit dem dann beschlossenen Geschäftsordnungsantrag auf Schluss der Aussprache (genial, nicht wahr, Schluss der Debatte vor Eintritt in die Debatte :-) )und Verweis in den Kölner Videokeller einen Riegel vorgeschoben.

Auch die Gelben müssen noch das eine oder andere Revier markieren. Wie soll das besser gehen als mit Leitlinien. Gesagt getan, der Rat - also nicht die Gelben - soll Leitlinien für die Entwicklung der Stadt bis 2035 beschließen - das wären im untergegangenen Ostblock ganze drei Fünfjahrespläne. Doch dann traut der Pitz dann doch lieber dem Bürgermeister als dem Rat, wenn es um die konkrete Vorbereitung der Leitlinien geht. Das haben wir so nicht mitgemacht. Es ist nämlich deutlich mehr zu bedenken. So wurde das Spiel hier unterbrochen und zunächst an den Planungsausschuss verwiesen.

Richtig intensiv wurde das Spiel dann allerdings in der Schlussphase. Bereits im Dezember hatte der Bürgermeister verfügt, den Fachbereich Schule und Sport seinem Dezernat zuzuordnen. Er begründete das zunächst damit, dass in der Mannschaftshierarchie des Dezernates einiges schief läuft. Später dann dehnte er es aus und meinte, dass hier ein Trainerwechsel angesagt sei, weil es zwischen Spielführer und Trainer manchmal scheppert. Das erschien der Ratsmehrheit schräg, so dass sie sich auf den Paragrafen 73 des Regelwerks kaprizierte, wonach, wenn sich Rat und Bürgermeister nicht einigen können, die Dezernatsaufteilung so gemacht wird, wie die Ratsmehrheit das will. Der Bürgermeister hält dagegen, dass er beim letzten Ausscheidungsrennen ja gewonnen habe und er deshalb alle Aufgaben an sich ziehen kann. Das regelt der Paragraf 62. Die Ratsmehrheit hat sich dann in Bergheim beim Videoschiedsrichter der Kommunalaufsicht beschwert, der dem Bürgermeister bescheinigte, eine Fehlentscheidung getroffen zu haben. Davon ließ sich der Bürgermeister nicht beeindrucken und holte sich juristische Unterstützung von seinen Kumpels vom Städtetag, in deren Auswahlmannschaft er immerhin den Kassierer spielt. Die juristischen Spitzfindigkeiten gingen zweimal hin und her und werden demnächst sicher zum Endspiel in Münster wieder vorgelegt.

Zwischenzeitlich gelang es dem Anführer der Schwarzen den Bürgermeister zu nötigen, eine vor zwei Jahren in Auftrag gegebene und vor einem Jahr vorgelegte Spielanalyse der grundsätzlichen Ausrichtung der Trainingsarbeit im Fachbereich 40 vorlegen zu lassen. Und siehe da: 15 Expertentipps für die Verbesserung der Arbeit sind seit einem Jahr verfügbar. Grobe Linie: Es mangelt an einer vernünftigen Organisation der Schnittstellen in der Spielgestaltung. Das Mittelfeld hat keinen Anschluss an die Abwehr oder den Sturm. Dafür werden Leistungen anderer Fachbereiche und oder anderer Dezernate benötigt, wie zum Beispiel IT, Gebäude und Liegenschaftsmanagement, etc.

Also stellen sich die Einlassungen des Bürgermeisters als rote Nebelkerzen heraus. Ein Ablenkungsmanöver für das testierte Problem, dass hier die Schnittstellen zwischen Dezernaten problematisch organisiert sind. Das sind nämlich Themen für den Bürgermeister. Aufgrund dieser Erkenntnisse wurde dann erneut im Rat beschlossen, dass der Fachbereich wieder dem Dezernat der Beigeordneten Burkhardt zugeordnet wird.

Dagegen haben davor der treue Pitz, der Recke Weitz und der Bürgermeister selbst geredet. Pitz hat die Winkelzüge seiner Advokatenkollegen genossen und natürlich dem Bürgermeister die Stange gehalten, weil er das immer macht, hier und bei den Stadtwerken und auch sonst.

Der Recke Weitz hat fleißig vorgearbeitet. Wie später und zwischendrin der Bürgermeister ignorieren sie den Dezember - Ratsbeschluss und behaupten wider besseren Wissen, dass mit dem Nichtbefassungsantrag aus der Dezember-Sitzung Desinteresse der Mehrheit an dem Thema zum Ausdruck gebracht worden sei und damit der Bürgermeister selbst handeln durfte. Nein: der Antrag auf Nicht-Befassung war gestellt worden mit der ausdrücklichen Begründung, dass weder die Schwarzen noch die Grünen ein Interesse an einer Veränderung der Dezernatsverteilung hatten, also den FB 40 im Dezernat Burkhardt lassen wollten. Recke Weitz brachte es dann auf den Punkt seiner winkelakrobatischen Herleitung, dass die Mehrheit in Ausübung ihrer Mehrheit undemokratisch handelt, und allein der Bürgermeister sozusagen als Volkstribun das Recht habe, hier Festlegungen zu treffen. Damit war der Weg nicht weit zu der wirklich bemerkenswerten Aussage des Herrn Freytag, dass er noch nicht wisse, ob er den mit 23:16:2 gefassten Beschluss des Rates beanstanden oder einfach ignorieren werde.

Ich sehe das inzwischen so, dass der SPD-Bürgermeister eine grüne Beigeordnete öffentlich desavouiert und dies mit Sachverhalten vom Hörensagen belegt, von Menschen, die von der SPD und von ihrem Einkommen als städtische Bedienstete abhängig sind, um eine erfolgreiche Arbeit der Grünen Beigeordneten auf dem wahlentscheidenden Sektor der städtischen Schulpolitik zu verhindern, nebenbei noch das schwarzgrüne Bündnis zu stressen und dadurch die eigenen Wiederwahlmöglichkeiten zu optimieren.

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