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Bei der Kommunalwahl hat BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fast ein Viertel der Stimmen erhalten und bildet nun gemeinsam mit der SPD eine starke Koalition im Brühler Stadtrat. Viele wundern sich daher, dass sie auch über ein Jahr später noch so wenig davon im Stadtbild sehen, gerade auch in Bezug auf Verkehr und Mobilität. Allzu vieles können wir aber leider nicht direkt auf kommunaler Ebene regeln, obwohl es direkt unsere Stadt betrifft. So ist die Straßenverkehrsordnung ein Bundesgesetz, und das behindert die Kommunen massiv, wo immer sie die »freie Fahrt für freie Bürger« zugunsten von Fußgängerı⃰nnen, Fahrradfahrerı⃰nnen und ÖPNV einschränken wollen. Erstaunlich viel muss aber auf Landesebene geregelt werden, weshalb es wichtig ist, dass wir nach den Wahlen eine progressive, ökologische Landesregierung bekommen.
Ein paar Beispiele:
Tempo 30
Eine Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h innerhalb geschlossener Ortschaften würde rund ²⁄₃ der Unfälle und 6/7 der tödlichen Unfälle verhindern. Dies liegt nicht nur daran, dass ein Mensch, der von einem 50 km/h fahrenden Auto erfasst wird, mit einer Wahrscheinlichkeit von 80 % tot ist, während er bei 30 km/h Aufprallgeschwindigkeit immerhin eine Überlebenswahrscheinlichkeit von 70 % hat; vor allem würde bei 50 km/h ein beispielsweise 15 m vor dem Auto plötzlich auf die Straße laufendes Kind mit nahezu voller Geschwindigkeit überfahren, weil die Autofahrerı⃰n diese Entfernung bereits während der »Schrecksekunde« zurücklegen würde und kaum zum Bremsen käme, während ein mit 30 km/h fahrendes Auto noch rechtzeitig vor dem Kind zum Stehen käme. Außer der deutlich erhöhten Sicherheit würde sich der Straßenlärm bei Tempo 30 deutlich verringern, weil der Verkehr insgesamt gleichmäßiger fließen und weniger beschleunigt und gebremst würde – denn die durchschnittliche Geschwindigkeit in einer Stadt liegt weit unter der Höchstgeschwindigkeit.
Durch die erhöhte Sicherheit auf den Straßen würden mehr Menschen Fahrrad fahren und zu Fuß gehen. Hinzu kommt, dass bei Tempo 30 eine »grüne Welle« geschaltet werden könnte, die für Autos und Fahrräder gleichermaßen passt. Wenn aber mehr Menschen das Fahrrad oder die eigenen Füße benutzen, führt das wiederum zu weniger Autos auf den Straßen, die dann letztlich mit weniger Stau und weniger Parkplatzsuche zum Ziel kommen. Ein Gewinn für alle also – einschließlich derjenigen, die weiterhin Auto fahren müssen – und ein großes Plus an Lebensqualität.
Daher haben SPD und GRÜNE im Brühler Stadtrat den Antrag gestellt, flächendeckend Tempo 30 auf Brühler Straßen einzuführen. Diesen Antrag kann die Verwaltung aber nur zum Teil umsetzen, da in § 45 der Straßenverkehrsordnung strenge Regeln vorgegeben sind, nach denen Tempo 30 nur angeordnet werden darf, wenn an einer bestimmten Stelle punktuell z. B. wegen einer Schule, eines Kindergartens o. Ä. eine besondere Gefahr besteht – eine generelle Reduktion der tödlichen Unfälle um 85 % ist leider keine ausreichende Begründung für ein Tempolimit.
Im Landtagswahlprogramm der GRÜNEN steht jedoch die flächendeckende Einführung eines Regeltempos von 30 km/h innerhalb geschlossener Ortschaften. Das bedeutet, dass keine Anträge auf Tempo 30 mehr gestellt werden müssten, sondern die Kommunen umgekehrt beschließen würden, für welche Hauptverkehrsstraßen im Stadtgebiet weiterhin Tempo 50 gelten soll. Von einer solchen landesweiten Regelung würde auch Brühl profitieren.
ÖPNV
Im grünen Landtagswahlprogramm steht eine »Mobilitätsgarantie«, die für Brühl bedeuten würde, dass überall täglich von 4:30 bis 23:30 Uhr eine zumutbare Busverbindung im 30-Minuten-Takt angeboten werden muss. Dafür würde es dann auch Geld vom Land geben, da die GRÜNEN die Investitionen des Landes in den ÖPNV verdoppeln wollen. Für ÖPNV, Carsharing, Mietfahrräder und E‑Roller soll es in Zukunft eine einheitliche Buchungsplattform geben, so dass man, wenn man ohne eigenes Auto unterwegs ist, viel einfacher als jetzt die jeweils passenden Mobilitätsarten miteinander kombinieren kann. Auf der Agenda der NRW-GRÜNEN steht auch die Reaktivierung stillgelegter Bahnstrecken, was bei uns besonders für die »Querbahn« von Vochem nach Wesseling interessant wäre.
Einen finanziellen Anreiz für den Umstieg vom eigenen Auto auf ÖPNV oder Fahrrad wollen die NRW-GRÜNEN dadurch bieten, dass es eine Umstiegsprämie nicht nur gibt, wenn man ein E‑Auto kauft, sondern auch, wenn man auf ein eigenes Auto ganz verzichtet.
Fahrrad
Wir arbeiten daran, gemeinsam mit unseren Nachbargemeinden Bornheim und Hürth eine schnelle und komfortable Radwegverbindung von Bornheim über Brühl nach Köln zu verwirklichen. Dies erweist sich aber leider als sehr komplexes Projekt, bei dem man stets eine große Zahl von Akteuren unter einen Hut bringen muss (außer allen beteiligten Stadtverwaltungen und Ratsmehrheiten, die ja selbst innerhalb einer Stadt nicht immer an einem Strang ziehen, meist auch die Kreise und den Landesbetrieb Straßen.NRW, soweit Radwege an nicht-kommunalen Straßen ausgebaut werden sollen). Die NRW-GRÜNEN möchten nun ein landesweites Radwegenetz aus Radschnellwegen und Radvorrangrouten errichten. Durch zentrale Koordinierung und Finanzierung wäre das Ziel definitiv schneller zu erreichen als mit den bisherigen Mitteln.
Sehr gern würden wir in Brühl die Radwege an den großen Straßen verbessern, die mitten durch Brühl führen, z. B. auf der Römer‑/Alten Bonnstraße, auf der Rhein‑/Comes‑/Konrad-Adenauer‑/Theodor-Heuss-Straße oder auf der Kölnstraße außerhalb der Innenstadt. Dazu ist die Stadt jedoch nicht befugt, und der Landesbetrieb Straßen.NRW hat sich bisher nur dafür interessiert, dass der Autoverkehr möglichst schnell rollt. Bei einer grünen Beteiligung an der Landesregierung sollen Straßensanierungen, die nicht auch den Radverkehr verbessern, nicht mehr möglich sein, was bedeutet, dass auch auf Kreis‑, Landes‑ und Bundesstraßen die Radwegsituation verbessert werden wird.
Rheinspange
Es ist klar, dass wir in Zukunft nicht noch mehr Autobahnen und Straßen benötigen werden, sondern weniger. Es ist auch klar, dass der Bau von Straßen für Autos zu noch mehr Autos führt. Wer Straßen sät, wird Verkehr ernten, wie man so schön sagt. Dennoch gibt es viele Projekte für neue Straßen und Autobahnen, die schon vor Jahren und Jahrzehnten geplant wurden, im Laufe der Zeit alle Planungsphasen durchlaufen haben und nun umgesetzt werden sollen, obwohl sie niemand mehr braucht und sie nur Umweltzerstörung bringen und die Wende in der Verkehrspolitik weg vom Auto hin zum Umweltverbund aus Fahrrad, Bus und Bahn weiter erschweren. Ein Paradebeispiel ist die sogenannte »Rheinspange«: eine neue Autobahn, die über eine neue Rheinbrücke zwischen Köln und Bonn die rechtsrheinische A 59 mit der linksrheinischen A 555 verbinden soll. Selbst die Autobahn GmbH, die diese Autobahn bauen will, rechnet damit, dass nach dem Bau der »Rheinspange« z. B. auf dem Zubringer nach Godorf täglich 1700 Autos mehr unterwegs sein werden. Und das, obwohl sie davon ausgeht, dass sich der Verkehr insgesamt dadurch nicht erhöht. Die Autos, die z. B. von Brühl zum Flughafen Köln/Bonn wollten, hätten einfach kürzere Wege, wodurch CO₂ gespart würde. In Wirklichkeit bedeuten kürzere Wege mit dem Auto, dass sich der Umstieg auf die Bahn weniger lohnt und mehr Menschen weiterhin aus Bequemlichkeit an ihrem Auto festhalten werden.
Wenn die Grünen die zukünftige Politik in NRW mitbestimmen können, werden viele dieser bereits geplanten Straßenbauprojekte ad acta gelegt werden – darunter mit Sicherheit auch die »Rheinspange«.
Daher benötigt Brühl starke GRÜNE im Landtag.
Daniel Bunčić
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